Vogelsterben: Stille auf den Feldern

Vogelsterben
Vogelsterben

Pestizide vernichten die Nahrung von Vögeln und machen Zugvögel zu schwach für den Weiterflug. Sie sterben – elendig. Und niemanden kümmert es? Doch, aber zu wenige.

 

Seit dem Jahr 1980 hat sich die Zahl der Vögel auf Feldern und Wiesen halbiert. Forscher versuchen, die genauen Ursachen festzustellen. Ihr Ergebnis: Ein sehr weit verbreitetes Pestizid tötet nicht allein Insekten – es ist entgegen einer langjährigen Annahme auch direkt für Vögel gefährlich.

Es bereits schlimm genug, dass die verwendeten Substanzen, etwa Neonicotinoide, nicht unterscheiden, ob sie den die Ernte bedrohenden Kartoffelkäfer vernichten oder die wichtige und nützliche Honigbiene. Doch das ist längst nicht alles: „Neonics“ wirkt auch auf Vögel wie ein Gift. Ornithologen mussten schon seit längerem melden, dass die Vogelbestände drastisch zurückgehen – besonders aber unter den Agrarlandarten. Das sind Vögel, die überwiegend auf Feldern und Wiesen leben, brüten und Nahrung suchen. Einige ihrer Namen kennen wir noch aus Kinderliedern: Kiebitz oder Lerche.

Verhungerte Küken in Nestern

Ein Forscherteam aus Kanada fand nun heraus, dass dieser Artenschwund unter anderem auf Neonicotinoide zurückzuführen ist. Zunächst ist der verursachte Schaden indirekt – indem Insekten, die den Vögeln als Nahrung dienen, getötet werden. Denn 80 Prozent der 248 Vogelarten, die in Deutschland brüten, ernähren sich von Insekten – oder füttern zumindest ihre Jungen mit ihnen. Durch den von Menschen dezimierten Insektenbestand finden sie jedoch oft nicht ausreichend Nahrung für ihre Brut: Vogelforscher fanden verhungerte Küken in den Nestern.

Wie die Neonicotinoide den Vögeln zudem direkt schaden, konnten die kanadischen Forscherinnen nun nachweisen. Sie verabreichten kleinen Gruppen des Zugvogels Dachsammer kontrolliert verschieden hohe Dosen der Neonicotinoide und ließen die Vögel im Anschluss wieder frei. Das erschreckende Ergebnis: Dachsammern, die das Neonicotinoid erhalten hatten, hörten auf zu fressen und verloren drastisch an Gewicht. Das ist das Schlimmste, was einem Zugvogel vor seiner langen Reise geschehen kann. Der Grund ist, dass es sich um ein Nervengift mit stark appetitzügelnder Wirkung handelt.

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Vögel spüren ihre Schwäche

Gemäß den Untersuchungen schienen die mit dem Pestizid behandelten Vögel zu spüren, dass sie zu schwach für den Weiterflug sind. Diejenigen, die mit einer starken Dosis behandelt worden waren, flogen erst vier Tage später weiter als die unbehandelten Vögel – sie mussten zunächst wieder an Gewicht und Körperfett gewinnen. Diese Verzögerung ist wiederum dramatisch: Denn nach Ankunft in den Brutgebieten finden die Vögel dann entweder keinen Partner oder keinen Nistplatz mehr.

Hajo Simons Journalist

Verfasst von Hajo Simons

arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater.
Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).