Die Erde scheint grüner zu werden – doch von einer Ausbreitung der Natur kann nicht die Rede sein. Das Kohlendioxid macht Tempo bei der Vegetation. Beruhigend ist das nicht.
Aus dem All ist es zu sehen: Unser Planet wird immer grüner. Das macht stutzig, in Zeiten des Klimawandels mit Trockenheit und Dürre. Regenwald und tropische Vegetation werden vernichtet, und dennoch vermehrt sich das Grün auf der Erde seit Jahrzehnten – obwohl bei all der Erwärmung das Braun mittlerweile dominieren müsste. Der Weltklimarat jedoch betont in einem aktuellen Bericht, dass zwar einige Regionen brauner würden – andererseits aber das Grün zunähme. Dies sei vor allem in Teilen von Asien, Europa, Südamerika, Zentral- und Nordamerika sowie Südostaustralien der Fall.
Hinter dem erstaunlichen Ergrünen stecken mehrere Faktoren
Wissenschaftler sind noch dabei, das grüne Phänomen zu untersuchen, haben aber bereits einige Faktoren identifiziert. Vor allem finden die Experten eine Begründung in dem erhöhten Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre. Das Treibhausgas ist ein großer Faktor des Klimawandels. Menschgemacht und ausgestoßen in großen Mengen, erwärmt es die Atmosphäre.
Auf der anderen Seite ist CO2 jedoch nicht nur maßgeblich für den Klimawandel, sondern auch einfach die Nahrung von Pflanzen. Über ihre Spaltöffnungen nehmen sie das Kohlendioxid aus der Luft auf, um Photosynthese zu betreiben. Das bedeutet, die Pflanzen wandeln das Treibhausgas mithilfe von Sonnenlicht in energiereiche Verbindungen um, aus denen sie sich ernähren. Gibt es mehr CO2, liegt der Effekt auf der Hand: Das Nahrungsangebot ist groß und besitzt daher einen Düngeeffekt auf die Vegetation – sie wird üppiger und grüner. Forschern ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar, ob dieser Prozess der Hauptantrieb für den augenscheinlichen Zuwachs an Grün auf der Erde ist.
Worüber eine größere Einigkeit herrscht, sind weitere Faktoren. So würden sich als Folge des Klimawandels die Vegetationsperioden verlängern, aber auch eine veränderte Landwirtschaft mit Aufforstung sowie Stickstoffablagerungen seien bedeutsam. Vor allem die landwirtschaftlichen Einflüsse würden zeigen: Bei einer grüner werdenden Welt handelt es sich nicht um die Ausbreitung der Natur. Denn grüner würde es – etwa in Indien, weil Felder immer häufiger, also mit weniger Pausen – neu bestellt würden. In China werde zwar aufgeforstet, aber nicht etwa mit dem Ziel, natürliche Waldsysteme zu schaffen – es sind lediglich artenarme Plantagen. All diesem menschgemachten Grün gegenüber steht, so die Forscher, die anhaltende Vernichtung von Regenwäldern am Amazonas und in Südostasien. Diese Verluste seien unersetzlich und auch das Grün-Phänomen könne nicht dagegenhalten.
Weniger Grün in heimischen Wäldern
Auf den ersten Blick sieht es in mitteleuropäischen Wäldern ähnlich aus wie global: Sie scheinen grüner zu werden. Doch wer genau hinschaut, sieht Monokulturen, die vor allem aus Fichten bestehen. Diese sind zwar wichtig für die Landwirtschaft, aber wenig widerstandsfähig gegenüber Trockenheit und einhergehendem Käferbefall. Denn trockene Bäume können Schädlingen wie Borkenkäfer und Co. kaum etwas entgegensetzen. Ein gründlicher Waldumbau und eine Durchmischung der Baumarten könnte Abhilfe schaffen. Einige Waldbesitzer arbeiten bereits an dem Schaffen einer neuen Vielfalt in deutschen Wäldern.
Auch die Sahara ergrünt
Die Sahara ist die größte Wüste der Erde: Sie ist 25-mal so groß wie Deutschland und reicht von der afrikanischen Atlantikküste bis zum Roten Meer. Die Farbe Grün ist das Letzte, das man mit der Sahara assoziieren würde. Seit 1920 ist die Wüste, wie sie unseren Vorstellungen entspricht, mit Sand und Geröll, gewachsen. Allerdings wird sie auch grüner, zumindest an ihrem südlichen Rand. Auch hier könnte der Treibhauseffekt eine Rolle spielen. In diesem Zuge würden hier gemäß Klimamodellen grüne Regionen entstehen, wenn der Klimawandel so fortschreite wie bislang. Mitarbeiter des Max-Planck-Institutes für Meteorologie sprechen von einem „Grüngürtel“ entlang des Südrandes der Sahara. Er würde bis zum Ende des 21. Jahrhunderts dort entstehen.
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Hierfür sehen die Forscher als Hauptgrund ebenfalls den Düngeeffekt des steigenden CO2-Gehaltes in der Luft. Um die Wüste tatsächlich zum Blühen zu bringen, bedürfe es jedoch ausreichender Niederschläge. Diese wären durch die absehbare Verlagerung des westafrikanischen Sommermonsuns nach Norden möglich.